Geschichte des Ortes DalheimWeinblatt Dalheim


Erste gesicherte Spuren einer Besiedlung in der Dalheimer Gemarkung gehen mit einem Gräberfund auf der Hochfläche südöstlich des heutigen Dorfes einher. Er wird der Jungsteinzeit (2500 v. Chr. und früher) zugeordnet, jener Epoche also, in der die Menschen sesshaft wurden. Weitere Beweisstücke einer bereits frühen Urbanisierung durch die Kelten waren die bronzezeitlichen Urnenfelder (1200-800 v. Chr.) „Am Ülverheimer Pfad“ und der aus der Eisenzeit (800-500 v. Chr) stammende Mahlstein in der „Untergasse“ (heute: Falken­steiner­straße). Die während des Bahnhofbaus 1899 entdeckten Schmuckstücke aus Bronze und die reichen Gräberfunde von 1967 auf einem privaten Grundstück in unmittelbarer Nähe werden der zweiten Kulturperiode der Kelten zwischen 500-50 v. Chr. (Latène-Zeit) zuge­wiesen.

Auch die Römerzeit hinterließ ihre Spuren. Stellvertretend für die „zahlreichen römischen Funde“ (P.-R. Franke, 1960) stehen die kleinen Bronzemünzen aus der Herrscherzeit von Kaiser Domitian (81-96 n. Chr.) oder die „zwei kleinen, zusammengehörigen Mühlsteine“ (P. T. Keßler, 1933/34), die vermutlich zu einer Villa Rustica nahe des früheren Bahnhofgebäudes in der wasserreichen Talmulde gehörten.

Eine besser geordnete Siedlungsstruktur in Dalheim kann erst mit Beginn der fränkischen Epoche beobachtet werden. Im 8. Jahrhundert während der Herrscherjahre von Frankenkönig Pippin (751-768) und seines Sohnes, Kaiser Karl d. Gr., tauchen schriftlich auch die ersten Bezeichnungen für unseren Ort auf, so z. B. Dalaheim, Dale, Talaheim. Die Endung -heim ist ein Hinweis auf fränkische Dorfgründungen. Im Übrigen besagen die fränkischen Bezeich­nungen für Dalheim eindeutig, dass der Ort vorwiegend in einer Talmulde liegt.Schenkungsurkunde vom 2. Juni 767

Eine historisch besondere Bedeutung für Dalheim ist mit dem 2. Juni 767 verbunden. Es ist das Datum, das alsSchenkungsurkunde Dalheim urkundlich gesicherte Erst­erwähnung von Dalheim im Lorscher Codex festge­halten ist und darüber hinaus von den wissen­schaftlichen Fachabteilungen der Lan­des­­kunde recht­zeitig vor der 1250-Jahr-Feier per Expertise bestätigt wurde. Die Urkunde beinhaltet, dass ein gewisser Godewin unter Beachtung der dama­ligen Rechts­normen eine Wiese in der „Dalaheimer marca“ dem Kloster Lorsch als Schenkung übergab.

Den Beweis einer schon vor diesem Datum begon­ne­nen Christianisierung unserer Region, vorangetrieben durch den Fuldaer und späteren Mainzer Bischof Bonifatius, liefert die nördliche Seite der Dalheimer Kirche. Baufachleute stellten 1935 bei einer umfassenden Renovierung fest, dass im Bereich des Chorraums Teile eines merowingischen Baustils (!) nachweisbar sind. Dabei könnte es sich um jene Kirche handeln, die laut Urkunden­nummer 1862 im Lorscher Kopialbuch mit der Schenkung des Dalaheimer Bubo an das Monasterium lauris­hamensi (Kloster Lorsch) im Jahr 803 oder 804 identisch ist. Auch das Fuldaer Kloster erhielt urkundlich festgehaltene Schenkungen aus Talaheim.

Bis zur Reformation in Dalheim um das Jahr 1550, durch die der Ort lutherisch wurde, trug die „Basilika“(Urkunde von 803/804) den Namen des Heiligen Martin. Erst danach wurde sie in St. Georgskirche umgetauft. Dieser Patronatsname gilt noch heute, womit eine Verbindung zum Dalheimer Ortswappen hergestellt ist, das schließlich am 4. März 1955 vom rheinland-pfälzischen Minis­terium des Innern genehmigt wurde. Die immer wieder geäußerte und in vielen Teilen einleuchtende These, der Erststandort der Kirche sei im Flurstück „Auf dem Kirchberg“ gewesen, konnte bisher durch historisch gesicherte Dokumente nicht belegt werden. In der Schenkungs­urkunde des Bubo ist kein Stand­ort angegeben.

Rathaus Dalheim 1960Spätestens seit den Fundamentarbeiten zur Sport- und Gemeindehalle im Jahr 1968 wissen die Dalheimer, dass „am Rande des neuen Sportplatzes“ sich ein merowingisch-fränkischer Friedhof befand. In 12 Gräbern wurden aufschlussreiche, teils gut erhaltene Beigaben gefun­den. Sie geben auch Hinweise darüber, dass eine Vermischung von heidnischen mit christ­lichen Begräbnis­ritualen im frühen Mittelalter noch zur Bestattungskultur gehörten.

Nach der fränkischen Zeit wurde Dalheim ab 1220 ein Lehnsort der Bolander und deren Verwandten, der Falkensteiner, die ihren Hauptsitz am südlichen Donnersberg hatten. Nach ihnen ist auch ein Teilstück der örtlichen Durchgangsstraße benannt. Durch Lehnsverträge konnten zusätzlich auch die beiden Adelsgeschlechter von Dienheim im Mittelalter viel Einfluss in Dalheim ausüben, was äußerlich sich in einer Burg ausdrückte, die jedoch in einem Nachbarschaftsstreit mit den adligen Leiningern im 13. Jahrhundert zerstört wurde. 1667 schließlich mussten die finanziell verarmten und militärisch schwachen Falkensteiner, die auch die rheinhessischen Ortschaften Framersheim, Hillesheim (hälftig), Harxheim und andere in ihrem Besitz hatten, alle Lehnsdörfer an den Herzog von Lothringen verkaufen. Im Nachhinein stellte sich dies für Dalheim nicht als nachteilig heraus; denn Dalheims Zugehörigkeit zur französischen Saarprovinz im Jahr 1689, zu der auch Teile Lothringens gehörten, verhinderte eine Zerstörung des Dorfes im Französisch-Pfälzischen Erbfolgekrieg.

Die Heirat des lothringischen Herzogs Franz Stephan mit der habsburgischen Kaiserin Maria Theresia im Jahr 1736 verschaffte Dalheim bis 1795 die Zugehörigkeit zum österreichischen Kaiserreich, wobei der herzogliche Mitregent fortan als Franz I. den Titel „Römischer Kaiser Deutscher Nation“ trug. Nach Einstellung der Kriege mit Napoleon und der Neuordnung Europas durch den Wiener Kongress wurde Dalheim ab 1816 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs als rheinhessisches Dorf vom Großherzogtum Hessen mit Sitz in Darmstadt verwaltet, um danach – nach Absetzung des Großherzogs Ernst Ludwig – bis 1945 dem Volksstaat Hessen angegliedert zu werden.Bahnhof Dalheim, Einweihung 1900

Dalheim BahnhofWährend der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen wurde in den Jahren 1899/1900 nördlich des Dorfes ein Bahnhof gebaut, der an der neu geschaf­fe­nen, knapp 10 Kilometer langen Bahnlinie Nierstein – Köngernheim/Undenheim lag. Bis zum 7. Oktober 1951 wurde fahrplanmäßig Personenverkehr betrieben; 1960 war dann auch endgültig für den sporadisch noch organisierten Waren­transport Schluss. Es gehört jedoch zur Chronistenpflicht darauf hinzuweisen, dass es bereits 1840 Planungen gab, unter der „Leitung der Königl. Preuß. und Großh. Hess. Eisenbahndirektion“ eine Bahnlinie von Alzey über Nierstein bis nach Darmstadt zu bauen. Das Großprojekt scheiterte an den immensen Kosten für eine verkehrsgerechte Rhein­über­querung. Aktuell ist der Dalheimer Bahnhof in Privatbesitz. Das umliegende Gelände wird gewerblich genutzt. Die asphaltierte Bahntrasse ist seit vielen Jahren an das rheinhessische Radwegenetz angebunden.

Der verlorene 2. Weltkrieg mit dem Untergang des nationalsozialistischen Regimes brachte die deutsche Teilung und somit eine verwaltungsmäßige Neugliederung des Reiches. Unsere Region stand in den ersten Nachkriegsjahren unter französischer Hoheit. 1947 wurde das Bundesland Rheinland-Pfalz geschaffen, dem Dalheim bis heute innerhalb der Verbands­gemeinde Rhein-Selz als Teil des Regierungsbezirks Rheinhessen-Pfalz angehört.

Jüdischer Friedhof DalheimWer als Besucher nach Dalheim kommt, erfährt, dass es ehemals im Ort eine jüdische Gemeinde gab. Der jüdische Friedhof südlich von Dalheim, links des Hohlwegs zum Wasserhaus gelegen, erinnert daran. Acht noch erhaltene Grabsteine geben neben den Namen auch Auskunft über das Leben der Verstorbenen und deren Wertschätzung durch die Familie. Bereits im Jahr 1858 war die Einweihung des jüdischen Friedhofs, nachdem die Zivilgemeinde drei Jahre vorher der jüdischen Gemeinde das Grundstück „hypothekenfrei, zu einem freien Eigenthume und auf unwiderrufliche Art“ überlassen hatte. 1840 lebten – soweit bekannt – als Höchstzahl 43 Juden in Dalheim; das entsprach rund 5% der damaligen Gesamteinwohner­schaft. Weitere Zeugnisse jüdischen Lebens waren eine kleine Synagoge mit einer Religionsschule und ein rituelles Bad. Laut Unterlagen muss die Synagoge bereits vor 1801 gebaut worden sein. Das letzte Begräbnis auf dem jüdischen Friedhof war 1918.

(Weitere Informationen zur Geschichte von Dalheim sind in den beiden Begleitbüchern „1250 Jahre Dalheim“, herausgegeben anlässlich der 1250-Jahr-Feier im Juni 2017, nachzulesen.)

Verfasser dieses Textes: Peter Kolb, Dalheim

 


Weitergehende Informationen zur Dalheimer Geschichte finden Sie auf der Seite des Heimat- und Geschichtsvereins (HGV) Dalheim…

Heimat- und Geschichtsverein Dalheim e.V. (HGV)

www.hgv-dalheim.de